Afghanistan nach 14 Jahren Krieg
Karim Popal spricht am 13. November 2015 in Aachen
Am 6. Oktober 2015 jährte sich der Kriegsbeginn des „Westens“ gegen Afghanistan zum 14. Mal, und im Dezember werden deutsche SoldatInnen 14 Jahre „Deutschland am Hindukusch verteidigt“ haben. Traurige Anlässe, den vergessenen Krieg wieder ins Blickfeld zu nehmen.
Wir konnten den deutsch-afghanischen Rechtsanwalt Karim Popal aus Bremen gewinnen, am 13. November zu einem Vortrag über Afghanistan nach 14 Jahren Krieg nach Aachen zu kommen. Karim Popal ist ein Kenner der Situation in seinem Heimatland und ein engagierter Jurist. Er vertritt Opfer des deutschen Massakers von Kundus vor Gericht und ist Vorstandsmitglied der deutschen Sektion der IALANA (International Association of Lawyers Against Nuclear Arms).
Viele Interessierte informierten sich aus erster Hand über die derzeitige Situation in Afghanistan.
Fotos: Karl Heinz Otten
Pressemitteilung
Aachener Aktionsgemeinschaft „Frieden jetzt!“
Helene und Ansgar Klein
Evangelisches Erwachsenen-Bildungswerks Aachen
Jürgen Groneberg
Zusammen mit dem evangelischen Erwachsenenbildungswerk Aachen hatte die Aachener Aktionsgemeinschaft ‚Frieden jetzt!’ zu einem Abend mit dem deutsch-afghanischen Rechtsanwalt Karim Popal aus Bremen in das Haus der Evangelischen Kirche in der Frère-Roger-Straße eingeladen. Thema des Abends: „Afghanistan nach 14 Jahren Krieg“.
Der Bogensaal des Hauses war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Leiter des Erwachsenenbildungswerks, Jürgen Groneberg, wies zu Beginn des Abends auf das schon vor Jahren gesprochene Wort von Margot Käßmann hin: „Nichts ist gut in Afghanistan!“. Er glaube, dass Karim Popal heute diesem Wort kaum widersprechen werde. „Mitnichten!“ bekräftigte Popal.
Die Zuhörer erlebten einen Redner, der, ergriffen von dem Schicksal seines Heimatlandes, aus seinem Mitleiden für seine Landsleute keinen Hehl machte, schonungslos die Situation in Afghanistan schilderte und Ross und Reiter beim Namen nannte. Zu Beginn geißelte Popal die Absicht des Innenministers de Maizière, afghanische Flüchtlinge in „sichere Gebiete“ Afghanistans abschieben zu wollen, mit den Worten: „Afghanistan ist kein sicheres Land, es ist ein todsicheres Land!“.
Im Verlauf seiner mit Herzblut vorgetragenen Rede machte er an Hand vieler Beispiele deutlich, welches Elend der Krieg der US-geführten NATO und der ‚Willigen’ über sein Heimatland gebracht hat. Er rief in Erinnerung, dass ja nicht nur 14 Jahre Krieg mit dem ‚Westen’ das Land und seine Bewohner ins Chaos gestürzt haben, sondern Afghanistan schon von 1979 bis 1989 von der Sowjetunion mit Krieg überzogen worden war. „Nach Abzug der sowjetischen Armee trieben bekanntlich die im Krieg gegen die Sowjetunion von den USA mit Waffen und Geld unterstützten Warlords und Taliban in Afghanistan ihr Unwesen“, so Popal. „Die vier Versprechen der NATO bei Kriegsbeginn 2001: 1. die Taliban zu vertreiben, 2. Demokratie einzuführen, 3. den Drogenhandel zu unterbinden und 4. das Land wirtschaftlich zu stabilisieren, sind nicht erfüllt worden, im Gegenteil, die Zustände in allen vier Bereichen sind schlimmer als vorher.“ rief Popal aus. Und ein Zuhörer ergänzte: „Diese Ziele waren nur vorgeschoben, die USA und ihre Verbündeten wollten diese Ziele gar nicht erreichen. Dieser Krieg hat rein geostrategische Ziele!“ Ein anderer Zuhörer fragte besorgt, wie denn überhaupt ein Ende der Misere in Afghanistan erreicht werden könne. Popal: „Die Besatzungsmächte sollen endlich das Land verlassen, sie haben uns Afghanen nur belogen. Afghanistan muss über sein Schicksal selbst bestimmen können.“
Zum Schluss sprach Karim Popal auf Nachfrage aus dem Publikum noch über seine Tätigkeit als Anwalt der Angehörigen der über 140 Todesopfer des auf Befehl eines deutschen Kommandanten angerichteten Massakers bei Kundus. Er betonte, wie schwer es ihm auf allen Ebenen gemacht würde, diesen Gerichtsprozess durchzufechten. Er hofft jetzt auf eine positive Entscheidung des obersten deutschen Gerichts zu Gunsten der klagenden Afghanen.
Dr. Ansgar Klein