Zur Verteidigung der westlichen Wertegemeinschaft?
Veronika Thomas-Ohst
Aachen, 14. Januar 2015
Die Ausübung von Terror zur Erreichung politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Ziele nennt man Terrorismus. Terror ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt.
Verschiedene Kriegsminister erklärten uns in den vergangenen Jahren völlig aufrichtig und frei von jeglicher Irritation, was unter Sicherheit und Terrorismus zu verstehen ist, dass Sicherheit primär der Schutz unserer Wirtschafts- und Finanzinteressen sei. Um diese Sicherheit zu gewährleisten, wird Staatsterrorismus zum „Friedenseinsatz“ umgedeutet. Deutungshoheit hat die Regierung. Und unter dem Deckmantel der Weltverantwortung lassen wir uns Schritt für Schritt zur „Verteidigung der westlichen Wertegemeinschaft“ die Bereitschaft auferlegen, in jetzigen und künftigen Kriegen selbst eine wichtige Rolle zu spielen, und es wird nicht lange dauern, dann wird unsere Zivilgesellschaft, wie inzwischen auch die französische, von Militär durchsetzt vor der Gier der bösen Nachbarn geschützt, unter dem Deckmantel der Prophylaxe, denn überall lauert er, der böse Terrorist.
Das natürliche Sicherheitsbedürfnis der Menschen hat offensichtlich weder Beachtung noch Priorität. Obwohl die geschürte Angst vor Terrorismus Unsicherheit verbreitet und sich aus freien Menschen sukzessive Sicherheitsfanatiker entwickeln (können), lehnt die Mehrheit in unserem Land immer noch die Beteiligung an Kriegen ab.
Dessen ungeachtet werden verlogen begründete Kampfeinsätze und Waffenexporte unter dem Vorwand von Sicherheit, Humanität, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie verlogen weiter geführt, mit geostrategischen und wirtschaftlichen Zielen, immer aber das Wort Menschlichkeit im Munde führend, als Vorwand für Inhumanität und Mord: Irak, Kosovo, Afghanistan, Libyen, Syrien, usw.
„Um die Sowjets zu vertreiben, baute man als Verbündete die Gotteskrieger von Al-Quaida auf und inthronisierte die Taliban. Und sie wären heute noch die Verbündeten der US-Amerikaner, hätten sie im Juli 2001 bei der Konferenz in Bonn dem Plan zum Bau von zwei Pipelines durch Afghanistan zugestimmt. Das haben sie nicht! Sie wehrten sich gegen das Industriekapital und gegen die Gier der USA nach Erdöl.“ (Eugen Drewermann)
Staatsterror, Militär getarnt als Friedenstruppe, und Gegenterror sind die Folge. Es gibt keinen Unterschied, Staatsterror ist nicht der gute Terror und Gegenterror nicht der böse! „Erst wenn wir die Bereitschaft zu jedem Krieg, gleich zu welchem Ziel er führen soll und aus welchem Grunde er inszeniert wird, endgültig aufgeben, werden wir das Irrenhaus der menschlichen Geschichte verlassen.“ (Eugen Drewermann).
1989 hatten wir eine hervorragende Möglichkeit, den NATO-Spuk zu beenden. Zum dritten Mal schlug ein Russe den Westdeutschen ein friedliches Miteinander vor, mit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes gleichermaßen die Aufrüstung der NATO zu beenden. Welch großartige Chance!
Wir hätten nach 1989 einen entmilitarisierten Korridor vom Ural bis zum Atlantik, hätten gewaltige Summen statt für Rüstung für Forschung, Wissenschaft, Wirtschaft und Menschlichkeit frei, für die Bekämpfung der wirklichen Ursachen des Krieges. Es bestand also vor 25 Jahren tatsächlich die Möglichkeit, Ursachen von Krieg, Terror, Hass und Verzweiflung erkennen und bekämpfen zu können, wäre die Ahnung von der Ausbreitung der NATO gen Osten nicht schon in den Köpfen der herrschenden Kriegstreiber latent vorhanden gewesen. So blieb der kollektive Traum von der Koexistenz ein Wunschtraum.
Hören wir endlich auf, Gleiches mit Gleichem zu beantworten. Wir kommen aus der Spirale der Angst, der Gewalt und Gegengewalt nicht heraus, solange wir unter Frieden immer noch den Sieg über mögliche Feinde und unter Sicherheit immer noch die maximale Kapazität des Tötens verstehen.
Nutzen wir die nächste Chance, bevor wir uns und den gesamten Planeten total verwüsten, aus Gier und Maßlosigkeit, die unsere Existenzangst nicht verdrängen kann und es niemals schaffen wird, unsere Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit zu kompensieren.
Ich zitiere Eugen Drewermann, appelliere an die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft und fordere: „Um der Menschlichkeit willen müssen wir den Schlachthof der Geschichte verlassen! Die Unvermeidlichkeit des Krieges ist eine Lüge. Es gibt auf diesem Globus nur eine Lösung der Gemeinsamkeit.“
Veronika Thomas-Ohst
Quellen der Zitate: Eugen Drewermann veröffentlichte 1991 im Patmos Verlag das Buch Reden gegen den Krieg. Im Jahr 2002 erschien eine erweiterte Auflage, aus der ich zitiere.