Stadt Köln sagt Ausstellung „Breaking the Silence“ ab
Köln, 12. Juni 2015 / aktualisiert 16. Juni 2015


 

Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) hat nach Protesten der israelischen Botschaft und Kritik christlich-jüdischer Organisationen entschieden, die von der Volkshochschule Köln geplante Ausstellung des Vereins „Breaking the Silence“ abzusagen. Die Ausstellung, die derzeit (Juni 2015) in Zürich zu sehen ist und 2012 bereits im Willy-Brandt-Haus, Berlin, gezeigt wurde, sollte im Rahmenprogramm der Feierlichkeiten für fünfzig Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Israel und Deutschland zu sehen sein. „Breaking the Silence“ ist ein Zusammenschluss ehemaliger israelischer Soldaten, die das Vorgehen ihrer eigenen Streitkräfte gegen die Palästinenser kritisieren.

 

Links:

Die Absage wird aber auch mit deutlichen Worten kritisiert. Den Brief von Veronika Thomas-Ohst an Oberbürgermeister Roters sowie zwei weitere offene Briefe möchten wir Ihnen gern präsentieren (siehe unten).

 

Zwischenzeitlich hat die Stadt Köln reagiert und in einer Pressemitteilung vom 16. Juni 2015 klar gestellt, dass die Ausstellung im Frühjahr 2016 in einem angemessenen Kontext präsentiert werden soll (externer Link zur Pressemitteilung).

 


 

Euregioprojekt Frieden e. V.
Augustastr. 76
52070 Aachen

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters,

Sie argumentieren im Gleichklang mit der Israel-Lobby, die Ausstellung Breaking the Silence könne zu antisemitischen Reaktionen führen, weshalb sie ein kaum fassbares Verbot erließen. Durch eine Absage (be)schädigten Sie sich selbst, und die Stadt Köln ganz besonders.

 

Eine Zensur dieser Art zu erleben, ist für Menschen, die gerade den Kölner Freigeist lieben und schätzen, völlig unverständlich.

 

Diese Ausstellung wurde 2013 in Berlin gezeigt und wäre gerade für die Stadt Köln besonders wichtig, wird doch seit Jahren gegen das Engagement von Walter Herrmann, der auf der Domplatte demonstriert gegen das Unrecht, dass in Palästina tagtäglich geschieht, ermittelt und gehetzt. Vielleicht hätte die Ausstellung einige erhellende Momente in der Sache Kölner Klagemauer möglich gemacht! War das vielleicht mit ein Grund für die Absage, die es den israelischen Soldaten nun leider nicht ermöglicht, ihre Fragen öffentlich zu diskutieren?

 

Die israelische Armee begeht als Besatzungsmacht tagtäglich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Palästina, das wird von der Organisation Breaking the Silence fotografiert und dokumentiert. Wovor haben Sie Angst, Herr Oberbürgermeister? Es kann nur Angst sein, die Sie gegen die Meinungsfreiheit, gegen die Grundregeln der Demokratie und unseres Erachtens sogar gegen Ihren Amtseid agieren lässt.

 

Eine hervorragende israelische Oppositionsgruppe darf in Köln nicht ins Gespräch kommen? Darf wirklich heikle Fragen nicht stellen und bekannt machen? Das ist beschämend! Das Euregioprojekt Frieden e. V., Aachen, setzt sich seit 15 Jahren ein für Frieden in Nahost. Wir arbeiten mit Menschen zusammen, die sich mit ihren eigenen Mitteln einsetzen, das Unheil zu mindern und das Heilsame zu mehren. Dieses Ziel stände auch dem Oberbürgermeister in Köln gut an.

 

Mit Friedensgrüßen


Der geschäftsführende Vorstand


Veronika Thomas-Ohst

Gerd Lebjedzinski

Karl Heinz Otten

 


 

Dr. Martin Breidert
Beueler Kreuz 1
D-53604 Bad Honnef
Tel. 02224-9118059
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters,

 

die von Ihrem Sprecher geäußerte Behauptung, die Ausstellung Breaking the Silence könne zu antisemitischen Reaktionen führen (s. Anhang ZEIT-online 12.6.2015), ist Spekulation und basiert auf Mutmaßungen. Tatsächliche antisemitische Äußerungen könnten, sofern sie strafrechtlich relevant wären, justiziabel sein. Davon haben Kölner Gerichte bereits in der Vergangenheit reichlich Gebrauch gemacht. Es ist jedoch rechtlich mehr als fragwürdig, bereits im Vorgriff auf angebliche antisemitische Reaktionen eine Ausstellung zu verbieten, wie Sie es getan haben.

 

Es ist besonders pikant und brisant, dass Sie als nichtjüdischer Oberbürgermeister einer jüdisch-israelischen Organisation einen Maulkorb verhängen. Im übrigen befördern die Intervention der israelischen Botschaft und Ihr Verbot genau jene Haltung, welche die Botschaft und auch Sie als Oberbürgermeister meinen bekämpfen zu müssen.

 

Die israelischen Soldaten brechen ihr Schweigen und wollen öffentlich die Frage stellen, inwiefern die israelische Armee Kriegsverbrechen begangen hat und begeht. Diese Frage kann nicht per Ordre de Mufti eines Oberbürgermeisters unterbunden werden.

Pikant und brisant ist auch, dass diese Ausstellung bereits im September 2013 im Willy-Brandt-Haus in Berlin gezeigt wurde:

 

https://www.medico.de/virtuelle-fuehrung-durch-die-ausstellung-von-breaking-the-silence-14456/

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ihr Verbot wird dazu führen, dass die Ausstellung erst recht von vielen Interessenten im Internet angesehen wird.


Wer genau hinsieht, wird unter den Ausstellungsbesuchern die Witwe des verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau entdecken.

 

Offenbar hatte die Führungsspitze Ihrer Partei keine Probleme mit der Ausstellung. Ich selbst habe mich damals von einem israelischen Soldaten durch die Ausstellung führen lassen. Und danach hatte ich Gelegenheit, in Ostjerusalem einen Vortrag von Dana Golan zu hören. Sie ist Sprecherin von Breaking the Silence und hat jetzt ihren Wohnsitz in Köln, ist also Ihre Bürgerin.

 

Die israelische Botschaft, die angeblich die einzige Demokratie im Nahen Osten vertritt, beweist - ebenso wie ihre Regierung in Jerusalem -, dass sie von einem demokratischen Grundverständnis, zu der in jedem Falle Meinungsfreiheit gehört, weit entfernt ist.

 

Dasselbe gilt offensichtlich auch für Sie, Herr Oberbürgermeister. Als williger Vollstrecker der Israel-Lobby haben Sie die Meinungsfreiheit unterdrückt und bewiesen, dass Sie ein fragwürdiges Verständnis von Demokratie haben. Zwar folgen Sie damit dem zweifelhaften Vorbild Ihres Kollegen in Neuss, aber auch er hat mit seinem Verbot einer VHS-Ausstellung zu Israels Militärregierung keineswegs Schaden von seiner Stadt abgewendet, sondern das Ansehen der Stadt Neuss massiv beeinträchtigt.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie sind durch Ihren Amtseid an das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gebunden. Dort heißt es im Art. 5, Abs. 1, Satz 3: „Eine Zensur findet nicht statt.“ Durch ihre Intervention haben Sie m. E. Ihren Amtseid verletzt.

Ich bitte Sie, Ihren Adlatus Frieder Wolf, den "Kölschen Außenminister", von mir zu grüßen. Er hat Ihre Entscheidung vorbereitet und damit weder der Stadt Köln noch dem Staat Israel noch der Demokratie einen Dienst erwiesen.

 

Mit freundlichen Grüßen
Martin Breidert

 


 

Elias Davidsson
Katzenbacher Str. 7
57548 Kirchen

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Roters,

als in Deutschland lebender Jude, dessen Eltern aus Deutschland vertrieben wurden, frage ich mich – auf Grund ihres Verbotes der Ausstellung “Breaking the Silence” – ob Sie selbst ein Antisemit sind. Das scheint mir auf Grund ihres Verhalten wahrscheinlich. Denn nur Antisemiten können daran interessiert sein, jüdische Verbrecher zu ermuntern und zu schützen, wie Sie es nun durch ihr Verbot zu tun versuchen.

Gott bewahre die Juden vor Menschen, die sich als Judenfreunde tarnen, aber nur Juden lieben, die Araber und Muslime bekämpfen.